Die Twitter-Files haben offenbart, dass sogar die US-Geheimdienste Druck auf die sozialen Medienplattformen ausüben, um ein bestimmtes Narrativ zu fördern. Im Jahr 2020 war diese Einflussnahme sogar in Bezug auf die US-Präsidentschaftswahlen zu beobachten.
Nun ist ein weiterer Wahlzyklus in den USA in vollem Gange und Big Tech kündigt weitere Zensurmassnahmen an – oder, um in ihrem Jargon zu bleiben: Massnahmen zur Bekämpfung von «Wahl-Desinformation».
So berichtet Reclaim The Net, dass beispielsweise Microsoft «neue Schritte zum Schutz von Wahlen» angekündigt habe. Der Konzern sorge sich dabei nicht nur um die Integrität der Wahlen in den USA, sondern auch andernorts.
Von der EU bis nach Indien und an vielen Orten dazwischen würden im nächsten Jahr Wahlen abgehalten, hiess es bei Microsoft, und die demokratischen Prozesse seien in Gefahr. In einem Blogbeitrag, den der stellvertretende Vorsitzende und Präsident von Microsoft, Brad Smith, mitverfasst hat, heisst es:
«Während die Wähler von ihrem Recht Gebrauch machen, ist eine andere Kraft am Werk, die die Ergebnisse dieser folgenschweren Wettbewerbe beeinflussen und möglicherweise stören könnte.»
Mit der «anderen Kraft» meinte Smith «mehrere autoritäre Nationalstaaten». Microsofts «Election Protection Commitments» versuche, dieser Bedrohung mithilfe eines 5-Stufen-Plans entgegenzuwirken. Dieser solle in den USA und anderen Ländern, in denen «kritische» Wahlen abgehalten werden sollen, eingesetzt werden.
Reclaim The Net fragt indessen, warum diese Wahlen kritischer als andere seien, und was Microsoft genau schützen wolle. Das sei unklar.
Fest steht, dass eine der Massnahmen das digitale Metadaten-Verfahren Content Credentials ist. Dabei handelt es sich um eine Art Wasserzeichen, das anzeigen soll, «wie, wann und von wem der Inhalt erstellt oder bearbeitet wurde, auch wenn er von KI generiert wurde». Reclaim The Net äussert jedoch Bedenken hinsichtlich der Frage, ob dieses Werkzeug für politische Kampagnen nützlich sein könne. So gehöre der am weitesten verbreitete Browser, Chrome, nicht der Gruppe (C2PA) an, die Content Credentials ins Leben gerufen habe.
Gemäss Reclaim The Net kündigte Meta (Facebook) ebenfalls eigene Anstrengungen in diese Richtung an, um veränderte Inhalte, wie etwa sogenannte «Deep Fakes», zu bekämpfen. Und zwar für den Fall, dass diese «Inhalte in einem Video zusammenführen, kombinieren, ersetzen und/oder überlagern, um ein Video zu erstellen, das authentisch erscheint[, aber] eine durchschnittliche Person wahrscheinlich in die Irre führen würde».
«Wie immer eine sehr klare und prägnante, leicht durchsetzbare Definition», merkt das Portal dazu mit ironischen Unterton an. Berichten zufolge werde sich Meta jedenfalls «auf ‹unabhängige Fact-Checking-Partner› verlassen, um zu überprüfen, ob Medien gefälschte Inhalte veröffentlichen, die durch die neue Offenlegungspflicht des Unternehmens geschlüpft sind».
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